Filesharing: Eltern müssen Namen des Kindes nennen (wenn der „Täter“ es den Eltern gesteht)

Der Bundesgerichtshof (BGH) lässt Eltern bei einem Familienanschluss haften, wenn sie wissen, welches ihrer Kinder über den Anschluss Urheberrechte Dritter verletzt hat, aber nicht bereit sind, den Namen des Kindes zu nennen.

Zur Frage der Tätereigenschaft bei einem Urheberrechtsverstoß über einen Internetanschluss der von einer ganzen Familie genutzt wird hat sich der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH zur Frage der Haftung wegen der Teilnahme an Internet-Tauschbörsen geäußert.

Sofern der oder die Anschlussinhaber bestreiten, die Rechtsverletzung begangen zu haben, und erklären, dass ihre bei ihnen wohnenden und bereits volljährigen Kinder einen eigenen PC mit Zugang zum Internetanschluss haben, kommt ihnen im Falle eines Prozesses die sogenannte sekundäre Beweislast zu.

Ein Urheberrechtsinhaber hat die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der beklagte, vermeintliche „Täter“ die Urheberrechtsverletzung begangen hat. Eine tatsächliche Vermutung spricht dabei und streitet somit für die Klägerseite für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen – etwa die Familienangehörigen – diesen Internetanschluss benutzen konnten.

Um diese Vermutung entkräften zu können, muss der oder die Anschlußinhaber Nachforschungs- und Mitteilungspflichten gerecht werden, um alle ihm zumutbare Untersuchungen angestellt zu haben, um nähere Informationen über die Verletzungshandlung sowie die Person des Verletzers zu erlangen.

Wenn der Betroffene dieser sekundären Beweislast gerecht werden sollte, ist es nach Auffassung des BGH wieder an der Klägerseite, Fakten vorzutragen, die für eine Verantwortlichkeit der beklagten Partei sprechen. Diese Umstände müssen auch bewiesen werden.

Im aktuellen Fall hat man den Eltern angelastet, sie hätten zwar gewusst, welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen hat, diesen Namen jedoch vor Gericht nicht Preis gegeben.

Der BGH hat jedoch entschieden, dass diese Angabe unter Abwägung von Grundrechten sowie der EU-Grundrechtscharta den Eltern durchaus zumutbar sein.

Hierbei hat der BGH allerdings klargestellt, dass Nachforschungen oder Überprüfungen der Rechner durch den Anschlussinhaber nicht erfolgen müssen, wenn diese jedoch im Rahmen der obliegenden Nachforschungen den Namen des Familienmitglieds erfahren, welches die Rechtsverletzung begangen hat, muss dieser Name genannt werden um sich von einen gegen sich lautenden Anspruch zu befreien.

Urteil des BGH (I. Zivilsenat) vom 30.3.2017 zum Aktenzeichen I ZR 19/16

Beurteilung des Autors

Über die Gewichtung der kollidierenden Grundrechte der Familie und der Rechteinhaber kann man trefflich diskutieren. Es ist allerdings bedenklich, wenn man sich die in großen Abmahnwellen gestalteten Rechteverfolgungen vorstellt und welche Auswirkungen diese auf einen Familienverbund haben können, gerade wenn es um sehr hohe Forderungen der Rechteinhaber geht.

Bei den Nachforschungen des Anschlussinhabers ist das Inerfahrungbringen des tatsächlichen „Täters“ also nach Auffassung des BGH ein Nachteil. Wenn die übrigen Mitbewohner jedoch keine Erklärungen dazu abgeben, oder gar allesamt ein jeweils anderes Familienmitglied „verdächtigen“ stellt sich die Feststellung des BGH in der vorliegenden Entscheidung in einem gänzlich anderen Licht dar.

Inwieweit die Rechteinhaber bei Nennung des Täters dann wiederum ein neues Verfahren gegen eben diesen anstrengen wird, ist fraglich.

Über diesen Sachverhalt informiert Sie der auf dem Gebiet des Urheberrechts spezialisierte Rechtsanwalt Dirk Witteck.

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